Victor Ostrovsky

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Victor Ostrovsky (hebräisch ויקטור אוסטרובסקי Wiktor Ostrowski; * 28. November 1949 in Edmonton, Kanada) ist ein ehemaliger Agent des israelischen Geheimdienstes Mossad und Buchautor, der als Schriftsteller in Kanada, den Vereinigten Staaten und im deutschsprachigen Raum bekannt wurde.

Victor Ostrovsky ist Sohn einer Israelin und eines Kanadiers jüdischer Abstammung. Er verbrachte seine Jugend in Israel und wurde mit 18 jüngster Offizier der israelischen Streitkräfte. Zunächst im Marinegeheimdienst der israelischen Marine tätig, wurde er Anfang der 1980er Jahre vom Mossad rekrutiert.

Er war vier Jahre für diesen Dienst tätig, zuletzt als Führungsoffizier für Auslandsagenten. Anfang 1986 ließ der Mossad die Landung eines libyschen Gulfstream-II-Flugzeuges in dem Verdacht erzwingen, führende Terroristen seien an Bord. Die Operation schlug fehl, Ostrovsky wurde für das Scheitern verantwortlich gemacht und zum Ausscheiden aus dem Dienst bewogen. Er entfloh der Einberufung in die israelische Armee; mit Zwischenstopps in London und den Vereinigten Staaten kehrte er zurück nach Kanada.

Publizistische Tätigkeit

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Thema der Bücher Ostrovskys sind Berichte über Mossad-Aktionen wie beispielsweise die Operation Sphinx, die Zerstörung des Atomversuchsreaktors Osirak im Süd-Irak im Juni 1981 durch israelische Kampfflugzeuge.

Zusammen mit dem kanadischen Journalisten Claire Hoy (* 1940)[1][2] schrieb er ein Buch über seine Dienstzeit beim Mossad, By Way of Deception (deutscher Titel: Der Mossad). Im Herbst 1990 ließ die israelische Regierung die Veröffentlichung des Buches in den Vereinigten Staaten per einstweiliger Verfügung untersagen.[3] In diesem Buch etablierte er auch den Begriff Sayanim als Schläfer-Agenten bzw. palästinensische Informanten für Israel.

In seinem zweiten Buch, Geheimakte Mossad (Originaltitel: The Other Side of Deception), schreibt Ostrovsky von Einbrüchen bei amerikanischen Flugzeugherstellern, einer Diffamierungskampagne unter anderem gegen den ehemaligen Wehrmachtsoffizier und damaligen UN-Generalsekretär Kurt Waldheim und insbesondere von einer Verwicklung des Mossad in die Barschel-Affäre. Ostrovskys Angaben zu Uwe Barschels Tod glich der Zürcher Toxikologe Hans Brandenberger mit den chemischen Daten der Gutachten ab, die er nach der Autopsie von Barschels Leichnam erstellt hatte.[4] Brandenberger erklärte der Welt am Sonntag 2010, im Unterschied zu anderen Bekenner-Erklärungen „beschreibt Ostrovsky ein Szenario, das mit den Analysedaten erstaunlich gut übereinstimmt“; auffällige Details in Ostrovskys Bericht, zum Beispiel die rektale Zufuhr von Beruhigungsmitteln und die strategisch angewandte, zeitlich versetzte Verabreichung von Medikamenten, spiegelten sich genau im chemischen Befund wider.[5] Dagegen wurde darauf hingewiesen, dass Ostrovsky möglicherweise beim Schreiben seines Buches auf Brandenbergers Gutachten von 1994 zurückgreifen konnte.[6] Der Investigativ-Journalist Hans Leyendecker sah ebenfalls keine Änderung der Sachlage und hält den Fall Barschel somit weiterhin für ungelöst.[7] Bereits am 22. Dezember 1994 hatte die Staatsanwaltschaft Lübeck eine Vielzahl von Gründen aufgeführt, warum der Bericht von Ostrovsky nicht mit den ihr bekannten Fakten übereinstimmt.[8] Tobias Jaecker hat das Buch als beispielhaft für den Glauben vieler (oft antisemitischer) Verschwörungstheoretiker bezeichnet, der Mossad stecke hinter allen unaufgeklärten Ereignissen.[9] Der Politikwissenschaftler Matthew Gray urteilte, das Buch wirke von Tonfall und Anschuldigungen zuweilen so, als sei es selbst „ein Fall verschwörungstheoretischer Paranoia“ (englisch a tone and allegations that make it seem, at times, the book is actually itself a case of conspiracist paranoia).[10]

Er veröffentlichte außerdem zwei Romane, Lion of Judah (deutscher Titel: Im Dienste des Mossad) und Black Ghosts, die ebenfalls Bezug auf seine Geheimdiensterfahrungen nehmen.

Einzelnachweise

[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]
  1. Hoy, Claire, 1940-. Abgerufen am 15. September 2023 (englisch).
  2. TORPNTO STAR FIRES REPQRTER CLAIRE HEY, SUES HIM AND TV STATIONS ON LIBEL CHARGE. In: Canadian Journal of Communication. Band 1, Nr. 3, ISSN 1499-6642, S. 1 (archive.org).
  3. N.Y. Judge Bans Book; Injunction Says Spy Expose Would Hurt Israel. In: The Washington Post, 13. September 1990 (Auszug, englisch).
  4. Brandenberger-Gutachten von 1994 (Memento vom 29. Dezember 2009 im Internet Archive) (PDF; 2,2 MB), abgerufen am 18. September 2023;
    Brandenberger-Gutachten von 1997 (Memento vom 15. Dezember 2011 im Internet Archive) (PDF; 560 kB), abgerufen am 18. September 2023.
  5. Dirk Banse, Lucas Wiegelmann: Im Fall Barschel führt eine neue Spur zum Mossad. In: Die Welt, 21. November 2010.
  6. Zirkelschlüsse im Todesfall Uwe Barschel. 20. November 2010.
  7. Hans Leyendecker: Uwe Barschel und der Mossad: Drei alte Männer auf Mördersuche. In: Süddeutsche Zeitung, 22. November 2010.
  8. Sebastian Knauer: Barschel – Die Akte: Originaldokumente eines ungelösten Kriminalfalls. B & S Siebenhaar, 2009, S. 240 bzw. S. 191 des Abschlussberichts der Staatsanwaltschaft.
  9. Tobias Jaecker: Antisemitische Verschwörungstheorien nach dem 11. September. Neue Varianten eines alten Deutungsmusters. 2. Auflage. Lit, Münster 2005, S. 54.
  10. Matthew Gray: Political Culture, Political Dynamics, and Conspiracism in the Arab Middle East. In: Arndt Graf, Schirin Fathi, Ludwig Paul (Hrsg.): Orientalism and Conspiracy: Politics and Conspiracy Theory in the Islamic World. I. B. Tauris, London 2011, S. 151 (E-Book-Ausgabe).